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Die fleißige Ameise Lilly - Das schwarze Ungetüm

Kaum ist die Sonne am Horizont versunken, hören die Drei aus der Ferne laute Töne. Lilly kommt es irgendwie bekannt, aber bevor sie auch nur ein Wort sagen kann schreit Freddy:

"Bringt euch in Sicherheit, da ist was im Anmarsch und es kommt sicher nicht zum Spielen." 

Neben Lilly steht eine große Kiste, die gerade so viel Platz hat, dass sie und Marie sich darunter verkriechen können. Freddy springt mit einem Satz in das kleine gegenüberliegende Rettungs-boot.

 

Das war wirklich knapp, denn mit lautem Getöse kommt das große, schwarze Ungetüm angerannt. Mit seiner Schnauze inspiziert es den ganzen Boden und Lilly und Marie halten vor lauter Schreck den Atem an. Das ist auch gut so. Leidet der undefinierbare Vierbeiner doch unter erheblichem Mundgeruch. Mit einem leisen "Wuff" und ruhigen Atemgeräuschen verweilt es vor der Kiste. "Was sollen wir nur tun?", schauen sich die beiden fragend in die Augen und verstehen sich ohne Worte.

In diesem Moment vernehmen sie die Stimme des dunklen Wesens:

"He, ihr da. Wieso versteckt ihr euch vor mir? Kommt raus, ich tue euch doch nichts."

 

Lilly und Marie schauen sich mit großen Augen an und sind hin und her gerissen. Sollen sie, sollen sie nicht? Es erinnert sie irgendwie an das Märchen von Rotkäppchen und der Wolf. Da ging die ganze Sache zwar glimpflich aus, aber das Vorspiel war weniger berauschend.

 

"Jetzt macht schon. Mir ist langweilig mit diesen langweiligen Zweibeinern im Speisesaal. Ich brauche mal etwas Abwechslung.", lockt das unbekannte Wesen mit vertrauenswürdiger Stimme.

 

"Also gut, wagen wir es. Wir können ja erstmal einen Blick riskieren und uns schnell wieder hier verstecken.", meint Marie.

Lilly nickt und lässt Marie den Vortritt.

Marie wagt den ersten Blick und krabbelt dann mutig unter der Kiste hervor. Was sie zu sehen bekommt, sind dicke schwarze, flauschige Füße. Als ihre Augen nach oben wandern, steht vor ihr ein wuscheliges, dunkles Wesen. Sie schauen sich schweigend an und Marie erkennt in den braunen Augen, dass sie es in der Tat mit einem liebenswerten Kumpanen zu tun hat.

 

"Lilly, Freddy kommt raus. Die Luft ist rein."

Das lassen sich die beiden nicht zweimal sagen und Lilly krabbelt unter der Kiste hervor, während Freddy mit einem Hechtsprung neben Marie landet. 

 

"Was bist du denn für einer?", fragt Freddy das knuddelige Wesen.

"Ich heiße Tilly und ich gehöre zur Gattung Hund, wuff.", antwortet sie und schaut Freddy mit ihren sanften Augen an.

 

Jetzt fällt Lilly auch ein, woher sie dieses komische Geräusch schon einmal vernommen hat. Das war ein wirkliches Trauma, auf der Wiese, hinter dem Wald. Der Tag, an dem sie ihre Reise begann.

"Hallo, ich bin Marie und das ist Lilly. Was hat dich denn hierhin verschlagen?", möchte Marie wissen.

"Ach weißt du, ich bin mit meinem Frauchen und noch ein paar anderen hier auf Reisen. Mächtig langweilig kann ich dir sagen. Und wenn ich mal mein Geschäft verrichten muss, gibt es nur eine Sandgrube. Da ist nix mit Gassi gehen. Echt öde. Ich habe euch schon eine Weile beobachtet und ich dachte, wir könnten ein bisschen Spaß miteinander haben. Sonst hab ich ja niemanden zum Quatschen und Spielen.", klärt Tilly die Anwesend auf.

 

"Da kann ich ein Lied von singen.", sagt Freddy verständnisvoll. "Ich bin schon eine ganze Weile hier an Bord und langweile mich fast zu Tode."

"Und was hat euch hierhin verschlagen?", möchte Tilly wissen.

"Ach du liebe Güte, das ist eine lange Geschichte. Wir haben uns ...", noch ehe Lilly den Satz beenden kann, hören sie aufgeregte Stimmen in der Ferne.

"Tilly, wo bist du. Komm zu Frauchen. Tilly, Tilly - bei Fuß."

"Oh oh, da ist Ärger im Anmarsch.", flüstert Tilly und hält nach einem Versteck Ausschau.

 

Aber Freddy, die schlaue Ratte, hat eine Idee. "Kommt schnell, hier in dem Boot ist genug Platz für uns vier. Lilly krabbelt auf Tillys Pfote und Marie fliegt auf Freddys Rücken. Jetzt aber nichts wie rein hier. Die Stimmen werden immer lauter. Es scheinen diese Erdmenschen zu sein. Da ist Vorsicht geboten.

 

"Was suchen sie denn?", hören sie eine Männerstimme fragen. 

"Wir vermissen unseren Hund.", antwortet eine der beiden Frauen.

"Ich stelle mich erstmal vor. Mein Name ist Potzblitz und ich bin hier der Kapitän. Um was für eine Rasse handelt es sich denn?", möchte er wissen.

"Es ist ein schwarzer Labradoodle."

"Ein wie bitte-was bitte ist das?", fragt Herr Potzblitz ganz irritiert.

"Ach ja, das ist eine ganz besonders liebenswerte Hunderasse. Eine Mischung aus Labrador und Puddel. Und unsere Tilly ist überaus treu und tut keiner Seele was zuleide.", erklärt eine der Erdmenschen Damen.

"Also mir ist nichts Derartiges begegnet. Aber hier kann ja nichts und niemand verloren gehen.", fügt der Kapitän lächelnd hinzu. 

Das beruhigt die Damen weniger und sie laufen weiter Richtung Reling und brüllen sich fast die Seele aus dem Leib. 

"Was machen wir denn jetzt?", fragt Lilly die anderen. Keine Antwort. Absolute Stille. Nur gleichmäßiges Atmen dringt an ihr Ohr. Ist es doch stockfinster um sie herum und die Stimmen hallen durch die Nacht.

"He, hört mich hier einer?", versucht Lilly es erneut.

 

Aber es bleibt still. So beschließt auch sie, die Augen zu schließen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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