· 

Die fleißige Ameise Lilly - Von Traumprinzen und der Prinzessin

Es schaukelt und lautes Tosen dringt an Lillis Ohr. Unsanft wird sie von diesen beängstigenden Bewegungen geweckt. Beim Versuch sich auf ihre Beine zu schwingen, fällt sie sofort auf ihr Hinterteil. Kommt ihr irgendwie bekannt vor. Oh weh, nicht schon wieder. Panik steigt in ihr auf. 

 

"Freddy wach auf.", ohne Erfolg. Sie versucht es erneut: "Freddy aufwachen."

"MMMHHHHH, uahhh, verschwinde, lass mich in Ruhe. Ich will schlafen.", murmelt Freddy schlaftrunken. 

 

Keine Chance, er ist einfach nicht wach zu bekommen. Nun versucht sie es bei den anderen Schlafmützen. "Marie wach auf, hallo."

"Mensch Lilly, was willst du denn mitten in der Nacht, ich hatte gerade einen soooo schönen Traum. Ein Prinz  auf einem weißen Pferd kam auf mich zugeritten. Er hat seine Flügel ausgebreitet und stand dicht vor mir. Er wollte sich eben zu mir herunterbeugen. Und in dem Moment weckst du mich. Menno, das war meine goldene Chance, endlich meinem Traumprinzen zu begegnen."

Lilly schaut Marie ganz entgeistert an und antwortet: "Marie, das war nur ein Traum."

"Weiß man's? Hätte ja eine magische Kraft dahinter sein können und schwupps wäre es Wirklichkeit geworden. Dafür bist du mir was schuldig.", erwidert Marie.

"Ist ja schon gut. Aber merkst du das denn nicht auch? Dieses fürchterliche Schaukeln?",versucht Lilly nun auf das eigentliche Problem aufmerksam zu machen.

 

"Was meinst du denn? Ach so, das Schaukeln. Ja, wir haben wohl ordentlich Seegang. Kein Grund, sich zu ängstigen, das geht schnell vorüber. Außerdem sind wir hier in Sicherheit. Lass uns mal einen Blick riskieren und schauen, wie der Himmel aussieht.", beruhigt Marie die kleine Lilly.

 

Vorsichtig und ganz leise, um die anderen nicht zu wecken, kriechen die beiden unter der Abdeckung des Rettungsbootes hervor. Der Himmel ist überzogen von dicken, dunkelgrauen Wolken. Ein paar Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch die dichte Wolkendecke und hinterlassen ihren Glanz auf dem unsanft tanzenden Meer. Die Wellen krachen an die Außenseiten des großen Kreuzfahrt-Seglers, der sich im Trommeltakt auf und ab bewegt. Ein paar Gäste sind schon an Deck, verziehen sich aber schnell wieder. Das scheint heute kein gemütlicher Tag zu werden. Plötzlich dringen die gleichen Laute wie am gestrigen Abend an ihr Ohr.

"Tilli, wo bist du. Tiiiiiiiiiiiiillli. Komm zu Frauchen. Tiiiiiiillli."

 

"Wir müssen Tilli unbedingt wecken. Diese Erdenfrau wird sonst noch verrückt vor Angst.", sagt Marie.

"Ja, da hast du recht. So geht das wirklich nicht. Irgendwann muss Tilli sowieso zurück. Ich wecke sie.", antwortet Lilly.

 

Lilly verzieht sich wieder unter die Abdeckung und krabbelt zu Tilli, setzt sich auf ihr Ohr und flüstert: "Tilli aufwachen. Hey Tilli mach die Augen auf. Aufstehen."


Ein leichtes Zucken am Ohr, die Wimpern klimpern, die Augenlider flackern und dann:

"Brrrrrrr, wuff, brrrrrrrrrrrr. Wer will denn jetzt schon wieder was von mir? Ich war gerade im Traumland und bin meinem Traumprinzen begegnet. Er stand auf einem Hügel, raste auf mich zu und sein weißes Fell wehte leicht und flockig im Wind. Ein wunderschöner Labradoodle. Er hat gerade vor mir gestanden und  mit seinen stahlblauen Augen mein Herz zum Schmelzen gebracht. Wer wagt es, mir diese einmalige Chance zu rauben? Brrrrrrrrrrrr, Grrrrrrr."

 

Vollkommen verängstigt bringt Lilly sich in Sicherheit und antwortet: "Tilli, ich bin's, Lilly. Dein Erdenfrauchen sucht dich. Es ist besser, wenn du wieder zu ihr gehst. Ich glaube, sie macht sich sehr große Sorgen um dich."

Tilli ist nun hellwach und streckt sich erst einmal ausgiebig, gähnt herzhaft, was für die Anwesenden keineswegs Entzücken hervorruft. Hat sie doch  einen sehr intensiven und strengen Mundgeruch. Da wäre eine professionelle Zahnreinigung dringend nötig.

"Du hast ja recht, Lilly. Ich mache mich gleich auf den Weg.", antwortet Tilli verständnisvoll.

 

In diesem Augenblick erwacht Freddy und murrt: "Wer macht denn hier einen solchen Lärm? Es ist ja noch mitten in der Nacht. Ich hatte einen wunderbaren Traum und konnte das Happy End kaum erwarten. Das habt ihr mir jetzt ordentlich versaut. Ich bin am Ende und muss für immer einsam und alleine bleiben.", jammert Freddy herzzerreißend vor sich hin.

 

"Ja, ja, ich weiß. Du hast eben von deiner Traum-Prinzessin geträumt und sie wohl gerade aus einer bedrohlichen Situation gerettet.  Dann stand sie vor dir und schaut dich mit ihren himmelblauen Augen an und möchte dich gerne küssen.", erwidert Lilly gelangweilt.

 

"Jaaaaa, genau. Woher weißt du das?", entgegnet Freddy erstaunt und ist im Nu auf den Beinen.

"Das erzähl ich dir nachher. Jetzt muss Tilli sich verabschieden. Ihr Erdenfrauchen rennt schon ganz verzweifelt an Bord herum und schreit sich die Seele nach ihr aus dem Leib. Das können wir doch nicht zulassen! Oder?" klärt Lilly den verträumt-verliebten Freddy auf.

 

"Da muss ich dir Recht geben. Los Tilli, geh zu deinem Erdenfrauchen. Wir sehen uns bestimmt wieder. Kannst ja heute Abend mal hier vorbei schauen, dann spielen wir eine Runde Kniffel. Was hältst du davon?" heitert Freddy die etwas traurig dreinblickende Tilli auf.

 

"Ist schon gut. Ich hab's verstanden. Aber heute Abend sehen wir uns wieder. Ich bringe auch was Gutes zum Essen mit. Versprochen?!", flüstert Tilli traurig.

 

Dann verabschieden sie sich und hoffen auf ein Wiedersehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Kommentar schreiben

Kommentare: 0