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Die fleißige Ameise Lilly - Die Reise beginnt

"Was für eine Nacht.", stöhnt Lilly, als sie am Morgen erwacht. Wilde Träume, unruhiger Schlaf liegen hinter ihr. Kein Wunder! Heute ist ihr großer Tag. Der erste Tag vom Rest ihres Lebens. 

 Von Fridolin, der ihr alles Glück der Welt wünschte, verabschiedete sie sich am gestrigen Abend. Fiel ihr der Abschied doch recht schwer. Aber dem Ruf ihres Herzens zu folgen, war eindeutig drängender. Ihre anderen Ameisen-Zöglinge informierte sie über die Ameisen-Hotline der Kolonie.

 

Eine Antwort wird sicher erst eintreffen, wenn sie schon längst über alle Berge ist. Aber das ist vollkommen in Ordnung. Weiß sie doch, dass ihre Kinder ihre verrückte Ameisen-Mama verstehen und lieben. Meistens - oder?!

 

Sie räkelt und streckt sich. Kullert halb schlaftrunken aus ihrer Ameisen-Hängematte und gönnt sich eine letzte Katzenwäsche im Gemeinschaftsbad. Zähne putzen nicht vergessen. Ihr Ränzlein, mit ihren wenigen Habseligkeiten, hat sie bereits am Vorabend gepackt. Will sie doch unnötigen Lärm vermeiden. Auf Fragen und unverständliche Reaktionen hat sie so gar keine Lust. Würden ihre Artgenossen sie doch nur schwerlich verstehen. Aber das macht überhaupt nichts. Wichtig ist, dass sie ihren Herzensweg beschreitet.

 

Auf leisen Sohlen schleicht sie ein letztes Mal aus dem vertrauten Erdnest und tritt hinaus in die morgendliche Stille. Frischer Tau liegt auf den Grashalmen und schimmern in der Morgensonne. Die Stille wird vom Gesang der Vögel unterbrochen. Ein herrlicher Gesang. An einem wundervollen Morgen. Voller Lebendigkeit und Freude. 

 

Lilly schaut sich um, schließt ihre Augen, nimmt einen tiefen Atemzug, rückt ihr Ränzlein zurecht und beginnt mit einem ersten Schritt ihre Reise in die große weite Welt. 

 

Wohin sie diese Reise führt? Sie weiß es selbst nicht. Nicht mal ein Hauch einer Ahnung hat sie. Voller Vertrauen marschiert sie los, in der Gewissheit, dass sie zu jeder Zeit auf dem richtigen Pfad wandelt. 

 

Plötzlich hält sie inne. Der Boden unter ihren Füßen vibriert. Aus der Ferne dringt ein donnerndes und furchterregendes Geräusch in ihre Ohren. "Das können nur wieder diese Menschen sein.", denkt sie. Mit ihren Riesenmonstern rasen sie durch den Wald und machen alles nieder. Ohne Rücksicht auf die wundervolle Natur, von den Tieren ganz zu schweigen. Mit einem Mal wird Lilly ganz traurig. Sie fühlt sich hilflos und ohnmächtig, weil sie nichts, aber auch gar nichts tun kann, um dieser Zerstörungswut Einhalt zu gebieten. 

 

Es wird wirklich Zeit zu gehen. Richtung Horizont, dort, wo der Himmel und die Erde sich berühren. Was wird sie dahinter entdecken? Gibt es dort eine neue Welt? Und wenn ja, wie wird sie wohl aussehen? 


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